In diesem Jahr wurde wieder der Forschungspreis (http://biothesis.org/2020-2) der Bio-Lebensmittelbranche auf der Biofach verliehen. Dieser Branche ist es ein Anliegen nachhaltige, ganzheitliche und gesunde Ernährung zu fördern. Um die Böden zu erhalten, um Lebensmittel so natürlich wie möglich zu belassen und um mit Ernährungstrends Schritt zu halten, muss die Bio Branche stetig an neuen Ideen arbeiten. Aus diesen Gründen werden herausragende Arbeiten von den Fachkräfte von Morgen ausgezeichnet und dadurch in den Mittelpunkt gerückt. Meine Arbeit zum Thema „Zukunftsfähige Wirtschaftsgemeinschaften – die Übertragung des CSA-Konzeptes auf das Backhandwerk“ wurde überraschenderweise mit dem Titel der besten Masterarbeit ausgezeichnet (hier der Link: https://orgprints.org/34292/). In dieser Arbeit habe ich den Versuch gestartet, die CSA-Prinzipien auf das Backhandwerk zu übertragen. Das passiert bereits in einigen Teilen Deutschlands, aber auch weltweit. Schaut euch mal in diesem Zusammenhang das Backhaus der Vielfalt (https://www.backhausdervielfalt.de), die Kornkraft Bäckerei (https://www.kornkraft-schinkel.de) oder die Two Fold Bakery (https://www.milkwood.net/2019/10/07/two-fold-a-community-supported-bakery/) an. Diese Masterarbeit hat meine Wunschvorstellung für eine Zukunft voller CSX gestärkt. Meine Utopie sind Gemeinschaften, die sich in solidarischen Organisationen zusammenschließen. Gemeinschaften, die regional und ökologisch erzeugen und konsumieren. Handwerker*innen, Landwirt*innen und Gärtner*innen soll dabei wieder die Wertschätzung und das Verständnis entgegengebracht werden, die sie verdienen. Bestenfalls wissen wir wieder genau, wo unsere Lebensmittel herkommen, wer diese produziert hat und was sie kosten sollten. Das gilt in meiner Utopie aber nicht nur für unsere Lebensmittel. Dasselbe funktioniert oder wird funktionieren für unsere Energie, unsere Technik, unsere Kleidung, unsere Alltagsgegenstände, unser Gesundheitssystem und unser Bankensystem. Natürlich wird es nicht nur CSX Modelle geben. Aber ein Teil unserer Wirtschaft sollte wieder regional, kleinstrukturiert und gemeinschaftlich organisiert stattfinden.
Ob es an den Menschen liegt, mit denen ich im Zuge meiner Masterarbeit Kontakt hatte, oder an den zahlreichen sozial-ökologisch transformativen Initiativen, die gerade aus dem Boden schießen, das ist nicht klar: Aber wir spüren den Wandel von unten. Das Interesse an neuen Denkweisen und einer zukunftsfähigen und enkeltauglichen Wirtschaftsweise ist riesig. Wie schaffen wir es, diese Bottom-up Bewegungen als Lernorte und Vorbilder zu zeigen und ihre Wirkungsweisen greifbar zu machen, um sie für die alte Welt – die wachstumsgeprägte Wirtschaft – zu nutzen?
Beispiel: Status quo Bio-Branche
Die Bio-Branche verzeichnet seit Jahren Umsatzsteigerungen und entwickelt sich gerade in Zeiten von FFF quantitativ gesehen sehr positiv. Dennoch stellen wir fest, dass auch auf der Messe die Verbindung von Erzeuger*in und Produkt kaum gespielt wird. Erzeugung ist nicht präsent. Auch dem Handel und den Verbraucher*innen fehlt die Beziehung zu Landwirt*in, zu deren Themen und Herausforderungen. Dieser Eindruck entsteht jedenfalls, wenn man zum ersten Mal neugierig über die Biofach läuft und sich fragt, was ist hier eigentlich vermittelt wird, das anders ist als in der konventionellen Lebensmittelwirtschaft. Im konventionellen Markt sowie im Biomarkt scheinen Preisdruck und Machtkampf den Alltag gleichermaßen zu prägen (https://www.biowelt-online.de/aktuelles-magazin/). Konkurrenz statt Kooperation. Wie kommen wir also daraus? Wie schaffen wir es wieder Pioniere und Motoren einer zukunftsfähigen Wirtschaft hinzu einer ökologischen und sozialen Transformation zu werden?
Lichtblicke
Neben den exponentiellen Entwicklungen im Bereich der Unverpacktläden und den wenigen aber vorhandenen Postwachstums- und Zukunftsdiskussionen im Kongress ist, wie oben benannt, auch die Vergabe des Forschungspreises dieses Jahr geprägt von der Suche nach neuen innovativen Modellen für die Wirtschaft der Zukunft. Einen starken Fokus wurde auf das Konzept der solidarischen Landwirtschaft gelegt. Wie kann dieses Modell über Länder und Kontinente hinweg funktionieren? Am Beispiel von Teikei Kaffee zeigte Marlon Rommel (auch Teil unseres CSx-Netzwerkes), wie das bereits vom Traum zur Wirklichkeit wurde.
Bei der Preisverleihung habe ich Joachim Weckmann vom märkischen Landbrot kennengelernt. Er als mein Laudator und Geschäftsführer und Mitbegründer der ehemaligen Kollektivbäckerei märkisches Landbrot, versucht Tag für Tag neue nachhaltigere Wege zu gehen. Hierachie -frei oder -arm, regional, ökologisch, fair mit allen Beteiligten der Lieferkette und seinen Bäckerkolleg*innen sowie kooperativ mit seinen Mitstreiter*innen. So würde ich sein Engagement beschreiben. Ich freue mich auf den Besuch seiner Museums-Bäckerei in Berlin (https://www.landbrot.de/backstube/museum-baeckerei-pankow.html). Vielleicht lassen sich meine Gedanken aus der Masterarbeit ganz konkret in einem gemeinsamen Projekt entfalten. Von der Utopie in die Realität. Experimentieren, Scheitern und gewinnen. Immer wieder. Das ist was wir brauchen.
SL
Bildquelle: http://biothesis.org/2020-2 (Zugriff: 25.02.2020)