Unverpackt einkaufen, Plastikfrei leben, Plastik fasten, Zero waste und Verpackungsmaterial sparen sind trendige Schlagworte, die bei jeder Person im Alltag angekommen sind. Wir haben auf der Biofach mit dem Unverpackt Verband einige Veranstaltungen zusammen organisiert, um der Bewegung gemeinsam noch größere Reichweite zu verleihen. Entsprechend groß ist auch der Druck auf den Handel lose Waren anzubieten.
In diesem Zuge möchte ich die Arbeit des relativ jungen Unverpackt-Verbandes beleuchten und hervorheben (https://www.unverpackt-verband.de). Mit ihrem umtriebigen Vorstand G.W. und seinen Kolleg*innen haben sie es geschafft, über 300 Mitglieder zu gewinnen (davon sind die Hälfte unverpackt-Läden, die gerade geplant und gebaut werden). Gemeinsam mit ihm haben wir zwei sehr erfolgreiche und gut besuchte Unverpackt-Rundgänge auf der Biofach durchgeführt. Als Moderator*innen auf der Jahreshauptversammlung trafen wir 120 Unverpacktladner*innen persönlich an. Somit durften wir Zeug*innen des wahnsinnig schnellen Wachstums der Unverpacktläden und dessen Ausmaß sein. Jeden Tag bekommt der Verband neue Anfragen zu Neugründungen. Nicht nur das. Spätestens nach dieser Biofach ist auch den Erzeuger*innen und Produzent*innen klar, wie wichtig und groß diese Bewegung ist. Nicht zu vernachlässigen sind die Läden auch als Absatzmärkte. Klar, dass sich Völkel, Bohlsener Mühle und Co sehr interessiert an der Entwicklung des Verbandes zeigten.
Von außen betrachtet ist dieses Wachstum wirklich wünschenswert und wertvoll. Nach innen ist es jedoch eine riesige Herausforderung vor der die Gründer*innen stehen: wie schaffen Sie es, diese Flut an Neumitgliedern und Interessierten gut einzubinden und gleichzeitig auszusortieren, wer Verbandmitglied werden darf und wer nicht. Wo sollen sie Grenzen setzen? Brauchst es überhaupt Grenzen? Können wir 100% unverpackt entlang der gesamten Wertschöpfungsketten erreichen? Und wie kann uns das gelingen? All diese Themen werden uns und den Verband in den nächsten Jahren begleiten. Danke für diese tolle Chance! Es hat uns wirklich große Freude bereitet, so eine transformative und wichtige Bewegung zu begleiten und zu stärken.
Selbst etliche Läden des Biofachhandels bieten bereits lose Waren an. Vereinzelt greifen auch die selbstständigen Kaufleute der Edeka und Rewe den Trend auf und bieten unverpackte Ware in ihrem Markt an. Zu diesem Thema haben wir eine Podiumsdiskussion mit einigen selbstständigen Einzelhandel (SEH)-Kaufleuten organisiert. Hervorzuheben ist jedoch der grundlegende Unterschied zwischen SEH und Unverpackt-Laden. Die Arbeit der Unverpacktläden zielt darauf ab auf der gesamten Wertschöpfungskette Müll bestenfalls komplett zu vermeiden. Wohingegen in den Bioläden sowie im SEH bisher nur ein verpackungsfreies front.end hin zu dem oder der Verbraucher*in entsteht.
Ein Beispiel für gelungene front.end Angebote ist „Plietsch – Natürlich unverpackt“, die auch auf der Biofach mit am Start waren. Das Startup aus Lüneburg, welches von Henrik Siepelmeyer und Lisa Heldt gegründet wurde (https://www.plietsch-unverpackt.de), kümmert sich um Unverpackt Angebote im LEH. Zu 100% überzeugt und genauso durchdacht planen die beiden für den SEH das Regal und das Sortiment. So wie ich die beiden verstanden habe, organisieren sie alles, bilden sogar das Personal der Einzelhändler*innen weiter, sodass die Kauffrau oder der Kaufmann dann die „schlüsselfertige“ Abteilung selbst betreiben kann. Sie gehen soweit, dass ein Produkt wie Reis beispielsweise gar nicht erst ins Sortiment gelangt, weil super unnachhaltig in der Produktion und im Transport. Hier empfehlen die beiden ein rein regionales und nachhaltiges Sortiment und suchen nach einem Pendant wie beispielsweise Kochdinkel. Spannend ist, wie die beiden Ihre Überzeugung leben und sich nicht dem Kundenwunsch beugen, nur um alles anbieten zu können. Als Verbraucherin finde ich das vorbildhaft – und vielleicht müssen wir wieder lernen nicht alles zu jeder Zeit verfügbar zu haben.
Im Zuge der oben genannten Rundgänge haben wir auch einen spontanen aber sehr wichtigen Abstecher bei Teikei Kaffee (https://teikei.global) gemacht. Dieser Besuch war gerade für die Unverpackt Läden interessant. Denn Teikei überlegt, ob in diesem solidarischen Modell nicht nur Bauer X für eine Personenanzahl Y produzieren könnte, sondern auch für eine Community wie die Kundschaft eines Unverpackt-Ladens. Zusammen mit den regionalen Röstereien, mit denen die meisten Unverpacktläden gute Beziehungen aufgebaut haben, könnte die Bohne nach der Segelschifffahrt von Mexiko nach Deutschland weiterverarbeitet werden. Wie und ob das funktionieren kann, bleibt offen. Aber der Gedanke eine CSA über Ländergrenzen hinweg zu gestalten, gemeinsam mit Verbraucher*innen aber auch Großabnehmer*innen wird in Zukunft interessant sein.
Meldet euch gern bei uns, wenn ihr wichtige Anmerkungen dazu habt. Oder einfach, wenn der Beitrag euch gefallen hat 🙂
Bildquelle: Plietsch – natürlich unverpackt